Das Fahrzeug ist mir auf der Autobahn schlichtweg zu laut. Die Messungen von heute haben ergeben, dass bei 100 km/h je nach Strassenbelag (kein Beton, kein Tunnel)
68 bis 70 dBA oder bis zu 90 dB (ohne Tieftonfilter A) vorherrschen. Dies allerdings im Zustand wie auf Bild 1. Als Messgerät kam ein digitales Gerät für rund SFR 150 zu Einsatz, also nicht der billigste Kram. Es lag auf dem Beifahrersitz und ich erhebe den Anspruch, dass es eine nicht-wissenschafliche Messung war. Wichtiger als die absoluten Werte sind mir die relativen, d.h. vor/nach der Schalldämmung. Zu gerne hätte ich ein Spektrumanaylser eingesetzt, nur dies hätte die Grenzen doch zu sehr gesprengt. Ich will ja keine Doktorarbeit schreiben.
Es bestand also dringender Handlungsbedarf.
Schliesslich will ich in ein paar Jahren auch noch hören, was mir die Angebetete (egal welche
) ins Ohr flüstert.
Konsequent auf Leichtbau getrimmt, wurde beim Insight nur sehr wenig Dämmmaterial eingesetzt. So stellte ich mir die Frage, wieviel Mehrgewicht tolerierbar ist, um den Geräuschpegel um 5 dB zu senken. 10 kg setzte ich über den Daumen gepeilt als oberste Grenze. Nächste Frage: Welches Material? Einmal kurz gegoogelt, schon findet man eine grosse Vielfalt an Angeboten, deren Preise pro m2 von billig (Baumarkt) bis extrem teuer (Auto-HiFi). Das hätte ich auch nicht anders erwartet, denn alles was mit Auto zu tun hat, muss selbstverständlich doppelt so teuer sein. Eine Rolle Bitumen hatte ich noch an Lager. Doch sollte ich diese auch wirklich einsetzen? Einerseits gelte ich als Besessener, der immer auf der Suche nach Verbesserungen ist und immer das Beste haben will. Aber der Ökonom meint dann dazu, dass die Kosten-/Nutzenrelation im Auge behalten werden will. Also wieder der klassische Mittelweg: Die Bitumenrolle wird verwendet.
Aber halt!
Erst etwas Theorie!
Theorie ist, wenn man weiss, wie es funktionieren sollte, es aber trotzdem nicht tut - Praxis ist, wenn es funktioniert und keiner weiss warum.
Raumakustik war vor 25 Jahren eines meiner wenigen, aber umso intensiveren Hobbies. Kramen wir also mal tief in den Gehirnzellen.
Schall ist angeregte Luft, je stärker angeregt, desto lauter. Der Mensch hört in einem Frequenzband von 20 bis 20'000 Hertz (wenn er jung ist), wobei die Hochtonhörfähigkeit mit dem Alter nachlässt. Mit bald 40 merkt man, dass man nicht mehr so 'transparent' wie mit 20 oder 30 hört. Das sind die Zugeständnisse an das Alter (das hat aber seinerseits aber durchaus seine Vorteile).
Lärm ist unerwünschter Schall. Ich schätze mal, dass in einem Fahrzeug - ohne jetzt gegoogelt zu haben - Frequenzen von 0 bis 2000 Hertz vorherrschend sein dürften, ausser beim Autoradio, von dem man mehr als Telefonhöherqualiät erwartet. Zudem dürfte es vibrierendes Metall sein, das die Luft anregt und damit das Gepläre verursacht. Nun kann man wohl zweierlei tun, um den Schall zu dämpfen. Man stellt das Metall ruhig oder man stopft den Innenraum mit schallschluckender Watte voll, womit die Schwiegermutter, Kind und Kegel zuhause bleiben müssen. Das ist wahrlich eine Überlegung wert.
Allerdings ist eine Einparkhilfe dringend zu empfehlen, es sei denn, man ist sich französisches Parkieren eh schon gewohnt.
Apropos Parkhilfe: dazu folgt demnächst ein Test mit einer Antennenparkhilfe von Car Guard.
Zurück zum Thema: Metall ruhig stellen kann man mit Bitumen, Butyl wäre besser, aber der Haushaltvorstand legte sein Veto ein. Welche Oberflächen zu dämpfen sind, zeigt der Fingerklopftest, idealerweise mit dB-Meter und Max-Hold-Funktion. Beim Insight kommt der Krach vor allem vom Heck, zumindest mal vorderhand. Zu dämpfen waren als vor allem die Reserveradmulde und die Rückwand. Anhand der Bilder sieht man, was ich meine, bevor ich mir die Finger wund schreibe. Da der Kleber der Bitumenrolle etwas dürftig haftete, verstärkte ich das ganze mit eine Doppelklebband - ich weiss ist umständlich, aber dafür klebt es jetzt bombenfest und das muss es auch, will man Metall dämpfen. Luftblasen usw. sind aus demselben Grund zu vermeiden. Jeder cm2 wird stark angedrückt. Damit sollte das Metall gedämpft sein, vor allem im mittleren und hohen Frequenzbereich. Gegen die ganz tiefen Frequenzen ist man eh machtlos, aber die stören subjektiv auch viel weniger als der Mitteltonbereich. Wer Lust hat, kann es mit Helmholz-Resonatoren versuchen. Der Gattin verkauft man das Ganze am besten als Hundebox (die Schwiegermutter passt wahrscheinlich auch rein, also baut man gleich zwei
).
So, fertig jetzt, back to basics: Als das Metall an den mit dem Fingerklopftest verdächtigen Bereichen mit Bitumen beklebt wurde, ging's gleich auf die Referenzstrecke, wieder Tempo 100. Resultat: 68-70 dBA? What?
:!: Bei Tempo 50 klang das Ganze schon etwas ruhiger als zuvor. Subjektiv verringerte sich der Lärm bei Tempo 100 etwas, aber nicht wesentlich. Fazit: Ich habe offenbar eine zentrale Lärmquelle nicht berücksichtigt. Kurz gesucht, schon gefunden. Die Hauptlärmquelle im Insight: Die Entlüftungslöcher zu den hinteren Kotflügeln. Wurstelt man seine Finger durch diese und klopft an das nächstgelegenen Hindernis, trifft man auf die Aussenhaut des Insight. Darunter befinden sich gleich die Reifen, die zusammen mit der aerodynamischen Abdeckung einen wunderbaren Klangkörper oder eben eine perfekte Krachmaschine bilden. Man kann sich das ganze auch als umgekehrte Posaune vorstellen - womit wir die Entwickler des Wagens der Unmusikalität überführt haben. Die allerersten Hörgeräte (im Mittelalter?) haben auch etwa so funktioniert.
Dort werde ich als nächstes ansetzen. Für die Katz waren die ca. 4 kg Bitumen nicht, denn wie gesagt, war es bei Tempo 50 ruhiger als vorher und dies ohne den Ballast, der noch ausgebaut blieb.
What comes next?
- Das Bitumen wird noch mit ein paar Schichten leichtem Baumarktvlies (SFR 18) überzogen. Das dämpft den Rest der Metallschwinungen.
- Die Entlüftung wird ruhiggestellt, die Posaune muss Anti- werden (zentralster Punkt).
- evtl. noch die Türen dämpfen. Sobald der Krach hinten gedämpft wurde, geht es vorne erst richtig los. Ziel: Rolls Royce-Geräuschniveau (nein, nicht wirklich, aber man muss immer ein Ziel vor Augen haben.
)